Geschichte Worpswedes
Die heutige politische Gemeinde entstand am 1. 3. 1974. Damals schlossen sich die bis dahin selbständigen Gemeinden Worpswede, Waakhausen, Überhamm, Schlußdorf, Mevenstedt, Neu Sankt Jürgen, Hüttenbusch und Ostersode zu einer Einheitsgemeinde zusammen. Die dazugekommenen Gemeinden sind im Wesentlichen landwirtschaftlich orientiert. Sie liegen im Teufelsmoor, mit dessen planmäßiger Besiedlung der Hannoversche Moorkommissar Jürgen-Christian Findorff ab 1755 begann.
Die ersten Siedlergenerationen hatten es sehr schwer, dieser unwirtschaftlichen Einöde den für eine menschliche Existenz notwendigen Lebensraum abzuringen. Folgender noch heute gebräuchlicher Spruch drückt dies aus: „Dem ersten sien Dood, denn tweten siene Nood und erst den dritten sien Brood!“ („Dem ersten seinen Tod, dem zweiten seine Not und erst dem dritten sein Brot!“).
Das damals benutzte Transportmittel war der Torfkahn. Mit ihm wurde der Torf in mehrtägigen Fahrten nach Bremen und Brake gebracht. Der Heimatverein Schlußdorf hat die Bootswerft, in der diese Boote hergestellt wurden, restauriert und damit der Nachwelt erhalten.
Nun zum Künstlerdorf Worpswede, dem sogenannten "Weltdorf". Es ist geprägt durch den Weyerberg, einem 54,4 m hohen Sandberg, der umgeben ist vom Teufelsmoor mit seinem hohen Himmel und den unendlichen vielfältigen Wolkenbildern sowie den zauberhaften Farben. Den Kern bildete die Bauernreihe mit insgesamt 8 stattlichen Höfen.
Bekannt wurde der Ort durch die Künstler. Am 13. 9.1884 kam Fritz Mackensen nach Worpswede, ihm folgten Otto Modersohn, Hans am Ende, Fritz Overbeck und Heinrich Vogeler. Sie waren dem Zauber Worpswedes erlegen und fingen diesen Zauber in ihren einzigartigen Bildern ein. Ihren großen Durchbruch hatten sie 1895 im Münchener Glaspalast. Die Presse schrieb: „Der Erfolg, den die Maler von Worpswede auf der heurigen Ausstellung errangen, hat in der Geschichte der neueren Kunst nicht seinesgleichen. Kommen da ein paar junge Leute daher, deren Namen niemand kennt, und man gibt ihnen nicht nur einen der besten Säle, sondern der eine erhält die große goldene Medaille, und dem anderen kauft die Neue Pinakothek ein Bild ab.“ Worpswede wurde dadurch in der Welt der Kunst bekannt und berühmt. Später kamen auch die leider viel zu früh verstorbene Paula Modersohn-Becker, der Schriftsteller Rainer Maria Rilke, die Bildhauerin Clara Westhoff, die spätere Ehefrau Rilkes, hinzu. Danach folgten weiter Künstlergenerationen und prägten Worpswede. Sie sind gar nicht alle aufzuzählen. Ohne Rangfolge seien hier u.a. genannt: Walter Bertelsmann, Sophie Bötjer, Udo Peters, Albert Schiestl, Karl Krummacher und Benny Huys, auch die Schriftsteller Waldemar Augustini und Manfred Hausmann.
Genannt werden muss auch der Architekt Bernhard Hoetger. Er schuf in Bremen die Böttcherstraße. In Worpswede erbaute er das Café Worpswede, im Volksmund "Café Verrückt" genannt, das Hoetger-Wohnhaus Hinterm Berg und den Niedersachsenstein auf dem Weyerberg.
Kunst, Landschaft und Ortsbild prägen immer noch den Charakter Worpswedes. Das Ortsbild ist gekennzeichnet durch weitläufige eingeschossige Bebauung mit vielen Grünflächen, mit alten Eichen, Buchen und Linden. Kennzeichnend sind weiterhin die Birkenbestandenen Wirtschaftswege. Über allem liegt noch immer der Zauber, der all die Künstlergenerationen in seinen Bann gezogen hat. Fritz Mackensen drückte dies bei seiner Ankunft so aus: „Ich habe nie ähnliches gesehen, eine ganz neue Zauberwelt bot sich meinen Augen. Zum ersten Mal sah ich das dunkle Moor mit den geschichteten Torfhaufen, die blanken Wassergräben, deren Spiegelungen abgrundtief schienen.“ Diesem Zauber nachzuspüren und manchmal ein wenig davon zu entdecken, ist auch heute noch ein großes Erlebnis.